Foto: Diictodon galeops, Säugetiervorfahre, Vegetarier

"Mit schlechten Gesetzen und guten Beamten läßt sich immer noch regieren. Bei schlechten Beamten aber helfen uns die besten Gesetze nichts." *Otto von Bismarck*

Finden des rechten Wortes im rechten Augenblick ist bereits Handeln. *Hannah Arendt*.

"Wer weiß, wie Gesetze und Würste zu Stande kommen, kann nachts nicht mehr ruhig schlafen." *Otto von Bismarck*

Carpaccio, Bellini und die Frührenaissance in Venedig, Ausstellung in der Staatsgalerie Stuttgart

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"Carpaccio mehrt den Ruhm der Malerei und stärkt sie. Die Morgenröte zeigt viele zarte und mannigfalige Blumen. Ebenso beherrscht Carpaccio die große Kunst, mit schönen Farben und Malerei die Welt zu schmücken. 

Marco Boschini, 1660 (venezianischer Künster und Schriftsteller). 

 Vor einiger Zeit war ich in der Stuttgarter Staatsgalerie und habe mir die Ausstellung 

Carpaccio, Bellini und die Frührenaissance in Venedig,
die in der Staatsgalerie in Stuttgart stattfindet,
angesehen. 

Die Ausstellung ist wieder mal etwas vom Feinsten, gut aufgemacht und sehr schön anzusehen. Vor einigen Bildern bin ich sehr lange stehen geblieben und habe noch mit einem Kunstmaler diskutiert. 


 Ich bin nun nicht so sehr für alte Meister. Neue Malerei gefällt mir besser, dennoch habe ich mir die Ausstellung und die Werke angesehen und ich war schon beeindruckt von den Farben und der Malerei und ich habe einiges wieder gelernt.
Deshalb schreibe ich das ja auch auf, damit ich es nicht so schnell vergesse.

Die Menschen damals haben ja auch nicht anders ausgesehen als wir, aber man kann sehen, was sie für Kleidung getragen haben und wie sie gewohnt haben. 

Allerdings sieht man auf den Bildern immer nur die Reichen und die Bilder sind alle religiös, klar, die Auftraggeber waren ja auch die Kirchen, die hatte, wie heute auch, das meiste Geld. 

Das arme Volk sieht man auf solchen Bildern kaum. 

Ich war begeistert, Boschini drückt das tatsächlich aus was Carpaccio geschaffen hat. Große Kunst, schöne Farben.

Die Ausstellung kann man noch bis 2. März 2025 anschauen, wenn sie nicht verlängert wird. 

Natürlich hat es auch in der Staatsgalerie Stuttgart hervorragende Meisterwerke. Doch - vielleicht auch, weil ich die Staatsgalerie kenne - bin ich von der Kunsthalle in Mannheim mehr angetan. 

Ich habe in der Staatsgalerie auch noch gar nicht alles gesehen.  Da werde ich noch einiges zeigen.



 1500 erlebt Venedig eine wirtschaftliche und kulturelle Blütezeit von außergewöhnlichem Rang. Als bedeutendes Handelszentrum des Mittelmeerraumes zieht die Lagunenstadt Menschen aus unterschiedlichen Kulturen, weit über Europa hinaus, an und wird so zu einem Ort der Begegnung und Vermittlung zwischen Ost und West. Ihr Reichtum lässt Venedig zu einem pulsierenden Ort der Kunst und Kultur werden, an dem Maler um die prestigeträchtigsten Aufträge wetteifern. 

Vittore Carpaccio zählt zu den herausragenden Künstlern der Frührenaissance. In seinen farbenprächtigen Werken verbindet er meisterhaft religiöse Themen mit der Atmosphäre der Lagunenstadt und versetzt uns bis heute zurück in das Leben damals. Carpaccio erhält seine Ausbildung in der Werkstatt von Giovanni Bellini, einem der führenden Maler, dessen technische und stillistische Innovationen weit über die Grenzen der Republik hinaus geschätzt werden. Seine Malerwerkstatt gehört zu den größten in Italien, sie beschäftigt zahlreiche Mitarbeiter und bildet eine vielzahl talentierter Schüler aus. 

Carpaccio gelingt es, die Impulse aufzugreifen und schließlich eine eigene künstlerische Identität zu entwickeln. Seine Figuren erscheinen lebensnah inmitten der idyllischen Landschaft des Veneto oder des östlichen Mittelmeerraumes. Mit seiner ausgeprägten Beobachtungsgabe für Menschen, der Architektur, Natur oder Stoffe fließen alltägliche Details, teils auch auf humorvolle Weise, in seine Werke ein. So werden Carpaccios Erzählungen zu Geschichten Venedigs seiner eigenen Zeit und es gelingt ihm, sich im Wettstreit um Malaufträge erfolgreich gegenüber der mächtigen Bellini-Werkstatt zu behaupten. 

Giovanni Bellini wird um 1435 in Venedig geboren. Wenige Jahre zuvor, um 1429 kommt sein Bruder Gentille zur Welt. Beide arbeiten zunächst mit ihrem Vater zusammen, dem renommierten Künstler Jacopo Bellini. Nach dessen Tod unterhalten die Brüder eine gemeinsame Werkstatt, die um 1500 eine der größten in Italien sein wird. Zu den erfolgreichen Mitarbeitern zählen neben Vittore Carpaccio auch Vincanzo Catana, Giovanni Mansueti, Lorenzo Lotto und Tizian

Venedig ist um 1430 eine der bedeutendsten Handelsmetropolen in Europa und zugleich Hauptstadt der Republik Venedig. Ihr Territorium erstreckt sich auf Küstenstreifen und Inseln im östlichen Mittelmeerraum, die heute zu Slowenien, Kroatien, Montenegro, Albanien, Griechenland und der Türkei zählen. 

Venedig ist eine Oligarchie, an deren Spitze der Doge steht (abgeleitet vom lateinischen Dux für Anführer). Er stammt aus der Gruppe der Patrizier und wird aus deren Kreis auf Lebenszeit gewählt. Politische Entscheidungen werden im "Rat der Zehn" und im "Großen Rat" getroffen. 

 Die Bürger sind zwar von der Regierung ausgeschlossen, dafür ist es einzig ihnen vorbehalten, repräsentative Ämter in den Scuole (Schule), den religiösen Laien-Bruderschaften der Stadt zu bekleiden. Vor allem die sechs Scuole Grandi (Große Schulen) verfügen über großen Einfluss in der Stadtgesellschaft und beträchtliche finanzielle Mittel, um ihre Versammlungshäuser von den berühmtesten Architekten und Künstlern der Zeit bauen und ausstatten zu lassen. Insbesondere Genitle und Giovanni Bellini sowie Vittore Carpaccio arbeiten wiederholt im Auftrag der Scuole.

Carpaccio erzählt die Ursula-Legende, die ich gar nicht kannte.
Ich glaube mancher Kölner kennt sie auch nicht.

1490 erhält Carpaccio seinen ersten großen Auftrag. Die Scuola di Sant Órsola bestellt neun monumentale Leinwandgemälde mit Szenen aus dem Leben ihrer Schutzpatronin Ursula, die den Versammlungssaal der Laienbruderschaft schmücken sollen. Bis etwas 1498 arbeitet der junge Meister an diesem Ausstattungsprojekt und wird damit zu einem der berühmtesten Maler Venedigs. 

Die Legende aurea ("Goldene Legende"), eine Sammlung von Heiligenviten des Dominikaners Jacobus de Voragine, erzählt bereits 100 Jahre früher die Geschichte der heiligen Ursula. Demnach lebt die christliche Königstochter im fünften Jahrhundert in der Bretagne. Sie erhält einen Heiratsantrag des englischen Prinzen Ätherius, auf den sie unter drei Bedingungen eingeht: Der Bräutigam muß sich taufen lassen, er pilgert mit ihr nach Rom, und das Paar wird dabei von 11.000 Jungfrauen begleitet. Der Prinz stimmt zu und die Verlobten reisen in die Heilige Stadt, wo sich ihnen der Papst anschließt. Auf dem Heimweg gelangen sie nach Köln, das von den heidnischen Hunnen besetzt ist. Hier werden Ursula und ihr Gefolge getötet und seitdem als Martyrer verehrt.

Carpaccio versetzt die Legende in seine Zeit: Venezianisch anmutende Paläste und Kirchen bilden die prächtigen Kulissen für diplomatische Empfänge. Die Protagonisten der Erzählung sind für die Zeigenossen als prominente Venezianer zu erkennen. Auch Beobachtungen aus der Seefahrt fließen in die Darstellung ein. Neben imposanten Schiffen fügt der Maler markante Felsen, Türme und Windfahnen hinzu, die den Blick so leiten, wie Seeleute sich an Landmarken orientieren. Carpaccio verknüpft die christliche Legende mit der Lebensrealität in der Lagunenstadt und spiegelt zugleich das politische Selbstverständnis der Republik wider, die ihren Wohlstand und ihre Bedeutung dem Seehandel verdankt. 

Diese Bilder sind nur Reproduktionen und mit Licht unterlegt, dennoch sind sie eindrucksvoll.  Aber schlecht zu fotografieren. 

Ursula von Köln 

Viele Komponisten haben auch die Ursula Legende in ihren Komposition aufgegriffen.

Mahler 4. Sinfonie, Schlußsatz




 Traum der Heiligen Ursula

Ein Engel erscheint Ursula und prophezeit ihr Martyrium. Die Ausstattung des Schlafgemaches entspricht den Wohnräumen venenzianischer Patrizierinnen. 

Originalmaße 273 x 267 cm


Begegnung der Pilger mit dem Papst in Rom um 1494
Originalmaße 279 x 305 cm

Vor der Engelsburg in Rom trifft Ursula auf den Papst. Unter den Teilnehmern der Prozession hat sich Carpaccio in schwarzer Kleidung selbst porträtiert. 


 

Begegnung der Verlobten und Abreise zur Pilgerfahrt.

1495 Originalmaße 279 x 610 cm

Auf einem Steg verabschieden sich Ursula und Ätherius von ihren Eltern. Neben dem Fahnenmast in der Mitte sieht man zwei Mitglieder der Familie Loredan, die den Zyklus mitfinanziert hat. 

Das Bild war leider nicht gut zu fotografieren.

 

Rückkehr der Gesandten nach England

um 1496 - 1498


 

 Der englische König erhält Ursulas Bedingungen. Links ist die Galeere zu sehen, mit der die Botschafter über das Meer gereist sind - die realistische Abbildung eines um 1600 gebäuchlichen Schiffstyps.  


Ankunft in Köln

1490

Originalmaße 278 x 264 cm

Ursula und ihr Gefolge erreichen die Stadt Köln, deren Wehrtürme von den Arsenalanlagen in Venedig inspiriert sind. König Attila, der Anführer der Hunnen, ist vorne rechts in einem roten Harnisch zu sehen. 


 Apotheose der heiligen Ursula

1491 Originalmaße 481 x 338 

Das Altarbild mit der Apotheose, also der Verklärung der Ursula zur Heiligen, schließt den Zyklus ab. Ursula steht auf einem Podest aus Palmzweigen, einem Symbol des Martyriums. Über ihr erscheint Gottvater, um die Heilige in den Himmel aufzunehmen. 


Porträts von Familienangehörigen und Freunden gehören zu dieser Zeit zur Ausstattung von Palästen wohlhabender Venezianer. Neben Giovanni Bellini wird vor allem Carpaccio als Bildnismaler geschätzt. In den Augen der Zeitgenossen scheinen seine Werke die Dargestellten zum Leben zu erwecke, so dass sie "bereit zu sprechen" wirken. 

Frauen treten in Venedig selten an die Öffentlickeit. Umso bemerkenswerter sind die wenigen erhaltenen Porträts, die Einblick in ihre Lebenswelt geben. 

Um 1500 porträtiert Gentile Bellini im "Bildnis der Caterina Cornaro eine der berühmtesten Frauen der Renaissance: Zur Königin von Zypern gekrönt, wirkt Cornaro nach ihrer Abdankung als Förderin der Künste in Italien.  

Bellini inszeniert sie im Dreiviertelbildnis, in mit Gold durchwirkter und mit Perlen bestickter Kleidung, gehüllt in feinste Schleier. Diese Pracht übertrifft die Dogenbildnisse und bringt Corneros Selbstverständis als mächtige Mäzenin zum Ausdruck. 


Vittore Carpaccio
Bildnis einer Frau mit Buch 

1500-1550

Hier charakterisiert Carpaccio eine Venezianerin mittleren Alters und deutet mit seiner Darstellung auf ihr Interesse an Literatur. 

 

 


Im Jahr 2022 wendet sich Ai Weiwei, der mit der Solo Ausstellung Commedia Umana in San Giorgio Maggiore präsent ist, mit der Idee an die Benedektinergemeinde und ihren künstlerischen Direktor Carmelo A. Grasso, das berühmte Werk "Der Heilige Georg bezwingt den Drachen" als Legearbeit neu zu interpretieren. 

So findet Ai Weiweis Werk vorübergehend seinen Platz im Nachtchor des Klosters, der heute als Konklavekapelle bezeichnet wird und normalerweise öffentlich nicht zugänglich ist. 

 

Ai Weiwei

Spielbausteine auf Platten (Lego) montiert auf Aluminium

Faszinierend, eine Idee auf die man erst mal kommen muß.

Beschreibung siehe unten. 



 

Hier das Gemälde von Vittorio Carpaccio

Der Heilige Georg bezwingt den Drachen

1516


 Die Legende des heiligen Georgs ist eine der bekanntesten Erzählungen der Kunstgeschichte. Der tapfere Ritter befreit darin die libysche Stadt Silene und rettet die Prinzessin vor dem schrecklichen Drachen, der bereits unzählige Tiere und Menschen verschlungen hat. Georg verkörpert Mut, Glauben und Opferbereitschaft und gilt bis heute als Sinnbild für den Sieg des Guten über das Böse. 

1516 malt Vittore Carpaccio den dramatischen Höhepunkt dieser Legende für einen Altar der Benediktinerkirche San Giorgio Maggiore in Venedig.

Rund 500 Jahre später greift der Künstler Ai Weiwei dieses ikonische Werk von Carpaccio auf und kopiert es in einem neuen Medium mit Spielbausteinen. 
Der Einsatz von Spielbausteinen verleiht der historischen Szene eine überraschend moderne Dimension.
Die Bausteine wirken wie Pixel und aktualisieren die Darstellung und transferieren sie in unser digitales Zeitalter.

Vittore Carpaccio

Die Flucht nach Ägypten

1515 


Vittore Carpaccio

Geburt Mariens


Martyrium des Heiligen Stephanus

Vittore Carpaccio

Carpaccio schildert im Martyrium die letzte Lebenssituation des heiligen Stephanus, der als erster christlicher Märtyrer verehrt wird. Im Gemälde ist Stephanus an den Rand gerückt. Den Vordergrund nehmen Männer ein, die ihn steinigen wollen. Sie tragen Turbane, aber auch nordeuropäische Rüstungen und stehen so für osmanische Soldaten und kaiserliche Landsknechte - die damals aktuellen Gegner Venedigs. Zugleich mahnt das Gemälde zur Versöhnung. Stephanus bittet um Verzeihung für seine Feinde. Carpaccio vergegenwärtigt die wohltätigen Ideale der Stephanus-Bruderschaft, die dieses Bild in Auftrag gegeben hat. Auch die Regierung der Republik Venedig schätzt in Zeiten des Krieges den diplomatischen Dialog. 

Die Faszination für den östlichen Mittelmeerraum zeiht sich durch das gesamte Gemälde. Die farbenprächtigen Gewänder der Figuren aus Seide und Brokat spiegeln den Handel der Lagunenstadt mit Syrien und Anatolien wieder. Venedig ist um 1500 der einzige Ort in Italien, an dem Maler wie Carpaccio solche kostbaren Waren selbst sehen und Menschen aus diesen Regionen begegnen. 


 Vittore Carpaccio
Lesende Maria
1496-1497
Maria mit Kind und Johannesknaben
Unter Johannesknabe versteht man die Darstellung von
Johannes dem Täufer als Knaben, der das Jesuskind begleitet.



Die lesende Maria, von der ich mehr als begeistert war, habe ich ja schon vorgestellt. 
 
Ein unglaublich berührendes Bild. 
 

Sodele, das soll es nun mal gewesen sein. Es war auch nur ein kurzer Abschnitt von dem was man hier in der Staatsgalerie sehen kann.
Die Ausstellung geht - wie ich oben schon angeführt habe - bis zum 2. März 2025 und sie lohnt sich. 

ABER, es gibt noch mehr in der Staatsgalerie und das zeige ich noch.

Information 

Quellen: Buch zur Ausstellung zu kaufen im Museumsshop
Staatsgalerie Stuttgart 


Musik Venedig um 1500


 

Kommentare

  1. Antworten
    1. 🙂😊, bei Carpaccio musste ich direkt an Essen denken, dachte schon du hättest vegetarisches Carpaccio gemacht.
      Deinen Post lese ich mir noch in Ruhe durch.
      L.G.
      Hannover

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    2. Hä Hannover?
      Hannelore grüßt dich

      Löschen

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