Kunsthalle Mannheim 2. Teil
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Weiter geht es mit der Kunsthalle in Mannheim und einem 2. Teil.
Die Ausstellung "Die neue Sachlichkeit" in Mannheim.
Die Geschichte der Ausstellung
Bereits um 1920 entwickelten sich zunehmend gegenständliche, realistische Tendenzen. In einer Umfrage der Zeitschrift das Kunstblatt zur Frage "Ein neuer Realismus???"
wurde dies schon 1922 verhandelt. Auch Gustav Friedrich Hartlaub gab ein Statement ab.
Er charakterisierte die neue Malerei vor dem Hintergrund des Scheitern expressionistischer
Kunst nach dem ersten Weltkrieg, mit der er eine Art Heilserwartung für Kunst und Gesellschaft verbunden hatte. Schon damals sah er die Ambivalenz der neuen Strömung und unterschied zwei Flügel: einen nüchternen, klassisch "rechten" und einen kritisch-sozialen veristischen,"linken".
Wenig später plante Hartlaub eine Ausstellung, für die er den Begriff "Neue Sachlichkeit" einführte. Aufgrund mangelnder Resonanz von Künstlern und Kollegen und der schwierigen wirtschaftlichen und politischen Situation des Jahres 1923 mit Ruhrbesetzung und Hyperinflation konnte diese zunächst nicht stattfinden. Zwei Jahre später wurde sie unter dem Titel Die neue Sachlichkeit: Deutsche Malerei seit dem Expressionismus, realisiert.
Vom 14. Juni bis zum 13 September 1925 wurden 132 Werke von 32 Künstlern gezeigt.
Besonderes Gewicht hatten Max Beckmann, Otto Dix, George Grosz, Alexander Kanold,
Carlo Mense, Georg Scholz und Georg Schrimpf.
Wichtige Vertreter wie Christian Schad, Franz Radziwill fehlten und in der Ausstellung war auch keine einzige Frau vertreten. Die Berliner bzw. norddeutsche Szene war in der Ausstellung gegenüber der aus München unterrepräsentiert bzw. gar nicht vertreten, sodass insgesamt eine Priorität des südwestdeutschen Raums vorherrschte. Formal und inhaltlich hatte die neue Kunstströmung bereits ihren Höhepunkt überschritten und entwickelte sich zu einem gemäßigten Realismus. Selbst die dem "linken" Flügel zurechnenden Künstler und Künstlerinnen waren in Stil und Themenwahl verbindlicher geworden.
Wenngleich die Ausstellung mit 4405 Besuchern und Besucherinnen kein Publikumserfolg wurde, erfuhr sie in der Presse weitgehend positive Resonanz und wanderte schließlich nach Dresden und Chemniz weiter, danach, nun nicht mehr unter Mannheimer Regie, nach Erfurth und Dessau, und stark dezimiert nach Halle und Jena.
Das Ausstellungplakat von 1925
Für Hartlaub war George Grosz 1893 - 1959 neben Max Beckmann die zentrale Figur seiner Ausstellung zur neuen Sachlichkeit.
Der Künstler war mit sieben seiner um 1916 bis 1925 entstandenen Gemälden vertreten.
Persönlich kennengelernt hatten sich die beiden schon 1917, als sich Grosz zu Besuch bei seinem Mäzen Sally Falk in Mannheim aufgehalten hatte.
1924 konnte Hartlaub das Gemälde Blick in die Großstadt 1916/17 erwerben, in dem er die Dynamik und apokalyptische Dimension der Großstadt visualisierte.
Das Bild wurde von den Nationalsozialisten 1937 als "entartet" beschlagnahmt.
Nachdem Grosz 1920 die erste Internationale Dada-Messe
mitorganisiert hatte, setzte eine Phase ein, in der er sich an der Pittura metafisca (Metaphysische Malerei) der Italiener Carlo Carrá und Giorgio de Chirico orientierte. Vor kubischen Architekturen agierten Figuren, die an die Gliedergruppen der Italiener erinnern. Das Bild Grauer Tag zeigt Grosz im Übergang von dieser mechanisch-kontruktiven Phase zum sogenannten Verismus, gekennzeichnet durch eine scharf formulierte soziale Kritik.
Bald nach der Entstehung dieses Bildes gab Grosz die Ölmalerei zugunsten seiner Arbeit an Buchillustrationen auf, mit der er direkter und mit größerer Reichweite seine Gesellschaftskritik äußern konnte. Als er 1925 zur Ausstellung nach Mannheim eingeladen wurde, schrieb er, dass er nur ein neues Bild anbieten könnte:
Das Porträt des Schriftstellers Max Herrman Neiße, das Hartlaub noch während der Ausstellung erwarb.
Grosz´ sozialkritischer Antrieb ließ bereits Ende der 1920er Jahre nach. 1933 emigrierte er nach Amerika, wo er eine Reihe apokalyptischer Bilder schuf, in denen er die Grausamkeiten des Zweiten Weltkriegs verarbeitete.
Der eigentliche Name von George Grosz war
George Gross.
Grauer Tag von George Gross
Dargestellt ist die Konfrontation zwischen einem Kriegsveteranen und einem engstirnigen Beamten. Beide sind durch eine Mauer räumlich wie sozial voneinander getrennt. Der Titel spielt auf die depressive Stimmung des Jahres 1921. Die Städte waren bevölkert von Kriegsversehrten, die um Almosen bettelten.
Wenn man das Bild genauer ansieht sich man schon einiges mehr.
Ganz hinten rechts schaut ein Schwarzmarkthändler um die Ecke.
Ich mochte George Grosz mit seinen sozialkritischen Bildern immer und man erkennt auch ihn am sogenannten Pinselstrich.
Zu der großen Ausstellung in Stuttgart hat es mir leider nicht gereicht.
Öl auf Leinwand
Staatliche Museen zu Berllin, Neue Nationalgalerie, 1954 erworben vom Land Berlin.
Der Verist hält seinem Zeitgenossen den Spiegel vor die Fratze.
Ich zeichnete und malte aus Widerspruch und versuchte ....
Diese Welt davon zu überzeugen, dass sie hässlich, krank und verlogen ist.
George Grosz
George Grosz
Porträt des Schriftstellers
Max-Herrmann-Neiße1925 - Öl auf Leinwand
Kunsthalle Mannheim
Grosz und der Schriftsteller Hermann-Neiße (1886-1941) kannten sich bereits 1918 und schätzten sich sehr. Der im Kunstmilieu gut vernetzte Dichter sah sich sowohl als Jude wie auch als kritischer Schriftsteller vom Naziregime bedroht. Er verließ Deutschland bereits 1933 und fand in London Zuflucht, wo er 1941 verstarb. Sein Bildnis wurde 1937 als "entartet" beschlagnahmt, konnte aber 1949 wieder zurück erworben werden.
Der Maler Erich Büttner (1889 - 1936)
hat den Schriftsteller Max-Herrmann Neiße ebenfalls porträtiert.
Öl auf Leinwand
Stiftung Stadtmuseum Berlin
So unterschiedlich sind die Sichtweisen der Künstler
Max Beckmann
Der Grenzgänger
Hartlaub hielt Max Beckmann (1884-1950) für den größten lebenden Maler. Er war in der historischen Ausstellung 1925 mit 14 Gemälden äußerst repräsentativ vertreten. Während Hartlaub hoffte, dass Beckmann perspektivisch die beiden Strömungen der Neuen Sachlichkeit, den "linken" und den "rechten" Flügel, vereinen würde, war seine Zugehörigkeit zur Neuen Sachlichkeit in der Fachwelt umstritten.
Bereits 1914 hatte die Kunsthalle mit dem Künstler über eine Erwerbung verhandelt, doch der Ausbruch des Ersten Weltkrieges verhinderte dies. Erste Ankäufe gelangen 1919 mit
Christus und die Sünderin (1917)
und Bildnis
Frau Tube (1919)
Öl auf Leinwand, Kunsthalle Mannheim
Fastnacht (1925) wirde 1927 erworben, 1928 folgten Stilleben mit Holzscheiten (1926) und
Das Liebespaar (1912).
Unter dem nationalsozialistischen Regime wurden 1937 Christus und die Süderin, Fastnacht und Stilleben mit Holzscheiten als "entartet" beschlagnahmt.
Christus und die Sünderin gelangte in den Besitz des Saint Louis Art Museum, das Stilleben mit Holzscheiten befindet sich heute in Privatbesitz. 1950 bot der Kunsthändler Günther Franke Fastnacht der Kunsthalle zum Rückkauf an. Nach langen Verhandlungen schenkte er es der Kunsthalle, gleichzeitig wurde Groß liegende Frau mit Papagei (1940) angekauft. 2004 konnte schließlich das Portrait Tannenbaum geht nach New York (1947) erworben werden.
1928 richtete Hartlaub dem geschätzten Künstler in der Kunsthalle Mannheim dessen erste museale Einzelausstellung aus. Nach Jahres des Erfolges entließen die Nationalsozialisten Beckmann 1933 aus seinem Lehramt an der Städelschule in Frankfurt. 1937, nachdem man ihn als "entartet" gebrandmarkt hatte, verließen er und seine Frau Quappi Deutschland und suchten in Amsterdam Zuflucht vor der Verfolgung durch die Nationalsozialisten. 1947 emigrierten die beiden schlileßlich nach USA.
Max Beckmann
Christus und die Sünderin
1917 - Öl auf Leinwand
Saint Louis Art Museum, Nachlass Carl Valentin
Das Bild zeigt die für Beckmanns Frühwerk typische, expressiv übersteigerte Formensprache. Die Botschaft der biblischen Geschichte - der Aspekt der Gewaltlosigkeit - ist auch Ausdruck der Kriegserfahrung des Künstlers. Er hatte sich freiwillig als Sanitäter gemeldet, doch die Erlebnisse traumatisierten ihn derartig, dass er nach einem Zusammenbruch 1915 aus dem Dienst enlassen wurde.
Große liegende Frau mit Papagei
Öl auf Leinwand
Kunsthalle Mannheim
Die Darstellung zeigt die typische Handschrift des Spätwerkes, das durch kräftige schwarze Konturlinien gekennzeichnet ist. Mit dem Buch im Vordergrund unterstreicht Beckmann die erotische Atmosphäre des Biildes. Es handelt sich um Stendhals Werk De Lámour (1822). das psychologische Analyse, Essay und Tagebuch in einem ist. Auch der Papagei entspricht in seiner symbolischen Bedeutung dem erotischen Charakter des Werkes.
Max Beckmann
Doppelbildnis
Städel Museum, Frankfurt am Main
Dargestellt sind rechts Marie Swarzenski, die Ehefrau von Georg Swarzenski, Beckmanns Förderer und Städel-Direktor in Frankfurt.
Links seine Sekretärin Carola Netter (sie war die Geliebte von Swarzenski) , die 1952 die Max Beckmann-Gesellschaft mitbegründete. Beide saßen dem Künstler getrennt Modell. Die Komposition zwingt die beiden Frauen in eine unrealistische räumliche Enge, die den Eindruck ihres distanzierten Verhältnisses verstärkt.
Noch ein kurzer Schwenk zu Otto Dix, den ich im Mai in seinem Haus in Hemmenhofen mit der VHS in seinem Haus besuchen darf.
Hier das Bild von Anita Berber, das im Kunstmuseum in Stuttgart hängt.
1923 gemalt und der Stadt Stuttgart von der Landesbank Baden-Württ. geschenkt wurde.
Zur Ausstellung wurde es an die Kunsthalle verliehen.
Ich habs schon oft angesehen und die Tänzerin ist auf diesem Bild gerade mal 28 Jahre alt.
Anita Berber war Tänzerin und Schauspielerin (1899-1928) sie schockierte mit ihren nackt dargestellten Aufführungen. Otto Dix malte sie, als ahnte er ihr frühes Ende schon voraus:
Alkohol- und kokainabhängig starb Anita Berber mit nur 28 Jahren in Berlin. Die Farbe ROT transportiert hier einerseits die Vorstellungskraft, andererseits von Verderben und Verruchtheit.
Auch hier ein Bild von Otto Dix aus dem Kunstmuseum Stuttgart, gemalt 1923
und auch von der Landesbank Baden-Württ. der Stadt Stuttgart geschenkt.
Auch dieses Bild ist eine Leihgabe aus Stuttgart.
Im Kunstmuseum in Stuttgart warten noch einige Dix-Bilder auf einen.
Demnächst werde ich das Kunstmuseum besuchen.
1923, im Jahr der Heirat, stellt Dix seine mondäne, modebewußte Frau dar.
Martha war zuvor mit dem Arzt Hans Koch verheiratet, einem wichtigen Sammler von Dix-Werken. Sie entstammte einer wohlhabenden Familie. Vor allem durch sie erfuhr der Künstler, der sich selbst immer als Arbeitersohn sah, einen gesellschaftlichen Anstieg. Während er viele seiner Modelle grell überzeichnete, stellt er seine Frau ohne Übertreibung dar und wahrte damit ihren sozialen Status.
Öl auf Leinwand
Auch dieses Bild ist ausgeliehen und ich stand auch schon oft davor und habe mir meine Gedanken gemacht: Es hängt ebenfalls im Kunstmuseum in Stuttgart.
Otto Dix
Salon I
Die Prostition war für Dix ein zentrales Bildthema. In Salon I schildert er den trostlosen Alltag der Dirnen, die auf ihre Freier warten. Das Gemälde Salon I ist heute verschollen, war Auslöser für den zweiten Prozess gegen Dix.1923 wegen "Verbreitung unzüchtiger Darstellungen".
Das war der 2. Teil, es folgen aber noch ein paar weitere Teile.
Quellen: Ausstellungskatalog Neue Sachlichkeit
Kunsthalle Mannheim
40 Euro zu erhalten im Museumshopf
Er lohnt sich auf jeden Fall.
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