„Nicht jene, die streiten, sind zu fürchten, sondern jene, die ausweichen.“
*Marie von Ebner-Eschenbach*
Die Welt ist voller Menschen, die nicht allein sein können und für die ein noch so uninteressantes Gespräch besser ist, als gar keines. *Stendhal*
"In Zeiten der universellen Täuschung wird das Aussprechen der Wahrheit zur revolutionären Tat." *George Orwell*
Ich bin immer fasziniert von der Rolle, die die Dummheit spielt. Ich habe eine ganze Bibliothek, die nur Bücher enthält, die falsch sind. Die Geschichte ist das Reich der Fälschung, der Lüge und der Dummheit. *Umberto Eco*
Man erkennt den Irrtum daran, dass alle Welt ihn teilt.Jean Giraudoux
Die Blumenuhr von Jean Paul
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Wiesenbocksbart, Mohn, Pfingstrose und Gänsedistel
Paul,
Jean (1763-1825)
Die Blumenuhr
Es ist 3 Uhr, wenn sich der gelbe Wiesenbocksbart aufschließet,
ferner die Bräute, und wenn der Stallknecht unter dem Zimmer-Mietmann
zu rasseln und zu füttern anfängt.
Um 4 Uhr erwachen (wenns Sonntag ist) das kleine Habichtkraut und die
heiligen Kommunikantinnen, welche Sing-Uhren sind, und die Bäcker.
Um 5 Uhr erwachen die Küchen- und Viehmägde und Butterblumen
Um 6 Uhr die Gansdisteln und Köchinnen

Um 7 Uhr sind schon viele Garderobejungfern im Schlosse und der zahme
Salat in meinem botanischen Garten wach, auch viele Kauffrauen
Um 8 Uhr machen alle ihre Töchter, das gelbe Mausöhrlein,
die sämtlichen Kollegien die Blumen-, Kuchen- und Aktenblätter
auf
Um 9 Uhr regt sich schon der weibliche Adel und die Ringelblume; ja
viele Landfräulein, die zum Besuche kamen, sehen schon halb zum Fenster
hinaus
Um 10, 11 Uhr reißen sich Hofdamen und der ganze Kammerherrenstab
und der Rainkohl und der Alpenpippau und der Vorleser der Fürstin
aus dem Morgenschlafe, und das ganze Schloß bricht sich, weil die
Morgensonne so schön vom hohen Himmel durch die bunte Seide glimmt,
heute etwas Schlummer ab
Um 12 Uhr hat der Fürst,
um 1 Uhr seine Frau und die Nelke in ihrer Blumen-Urne die Augen offen.
Was noch spät abends um 4 Uhr sich aufmacht, ist bloß das
rote Habichtkraut und der Nachtwächter als Kuckuckuhr, die beide nur
als Abenduhren und Monduhren zeigen.
Von den heißen Augen des armen Teufels, der sie erst um 5 Uhr
aufschließet, wie die Jalape, wollen wir unsere Augen traurig wegwenden;
es ist ein Kranker, der solche eingenommen, und der die mit glühenden
Zangen zwickenden Fieberbilder bloß mit wachen Stichen vertauscht.
Wenns 2 Uhr war, konnt' ich nie wissen, weil da ich (samt tausend dicken
Männern) und das gelbe Mausöhrlein miteinander einschliefen;
aber um 3 nachmittags und um 3 am Morgen erwacht' ich als eine richtige
Repetieruhr.
So können wir Menschen für höhere Wesen Blumen-Uhren
abgeben, wenn auf unserem letzten Bette unsere Blumenblätter zufallen
- oder Sand-Uhren, wenn die unsers Lebens so rein ausgelaufen ist, daß
sie in der andern Welt umgekehrt wird - oder Bilder-Uhren, weil in jene
zweite, wenn hier unten unsere Totenglocke läutet und schlägt,
unser Bild aus dem Gehäuse tritt - - sie können in allen solchen
Fällen, wo 70 Menschenjahre vorüber sind, sagen: »Schon
wieder eine Stunde vorbei! Lieber Gott, wie doch die Zeit verläuft!
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| Meinen Lesern wünsche ich wieder einen geschmeiden Flow! | |
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