Rosen und Schleierkraut
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Omas Puddingform wurde mal wieder hervorgeholt.
Mit dieser Puddingform kochte meine Oma immer Pudding im Wasserbad auf ihrem Feuerherd.
Dieser Herd in Cleversulzbach war noch weit bis in die 60er Jahre ein Holzherd und tat seinen Dienst, bis die Oma ihre Liegenschaften verkaufte und zu uns nach Stuttgart bzw. Leonberg gezogen ist.
Mit dem Geld vom Verkauf war dann auch unser Haus in Leonberg schuldenfrei.
Meine Oma und der Opa haben zwei Geldentwertungen durchgemacht und sich durch eisernes Sparen wieder hochgearbeitet.
Man sollte einen alten Baum nie verpflanzen, aber die Oma war doch schon über 70 Jahre alt und konnte das alles nicht mehr bewältigen.
Ich würde sagen, sie war abgeschafft, denn ihr ganzes Leben hat sie nur gearbeitet, im Wengert, auf dem Feld, im Haushalt. Sie war immer in Aktion und ausgeruht hat sie sich selten und wenn, dann hat sie Socken gestrickt.
Ich muß immer wieder daran denken, dass die heutige Generation hier schon schlapp gemacht hätte, denn das was diese Menschen haben früher arbeiten müssen, das kann man gar nicht erfassen.
Ich diskutierte das mal neulich in der Oper mit einer älteren Frau (was heißt älter, sie war sicherlich in meinem Alter, aber eben anders) sie meinte, die Leute hätten früher nichts anderes gekannt und ob das heute so gut ist, wie die Leute leben?
Aber meine Mutter wollte auch alles andere, als eine Bäuerin werden, sie wollte das nicht und als Bäuerin ist man zu dieser Zeit auch ein wenig komisch angesehen worden. Das war tatsächlich so.
Ihr Bäsle (die Tante Hedwig) hatte einen Lehrer geheiratet, sie bekam keinen Lehrer aber einen Bürgermeister, das war damals schon etwas besonderes.
Der Onkel Walter (der Mann von der Tante Hedwieg) war Kunstlehrer am Eberhard-Ludwig-Gymnasium in Stuttgart hat auch viele Bilder gemalt und hat im 2. Weltkrieg ein Schrapnell am Kopf abbekommen, er wurde nie wieder gesund.
Heute sagt man ja auch zu Leuten, die kein Benehmen haben:
"Das ist ein Bauer"!, dabei hatten die Leute mehr im Kopf, als die heutigen Leute und Benehmen können sich heute auch viele nicht, wenn ich schon sehe, wie die Leute ihr Essen zu sich nehmen.
Das geschäftige Treiben habe ich von ihr. Sie wollte auch im Haus im Garten in Leonberg immer Kartoffeln anpflanzen, damit wir was zu essen hätten.
Das wollte aber meine Mutter nicht und die konnte auch Lupinen nicht leiden. Oma hat sie ausgesät und meine Mutter riss sie wieder heraus.
Das ging so vor sich, ohne, dass auch nur ein Wort verloren wurde. So war es in vielen Dingen.
Wenn ich heute so darüber nachdenke, war die Oma nie im Haus in Leonberg glücklich, ständig Streit mit meinem Vater, die beiden konnten sich nicht leiden. Mich konnte sie eh nicht leiden, naja, ich war das sechste Kind und mir ist es eben eingefallen auf die Welt zu kommen. Das sagte sie mal und das sitzt sehr tief bei mir. Ich verzeihe es ihr, denn sie konnte eben nicht anders.
Aber sie sorgte für uns, nahm meine Mutter mit samt ihren Kinder auf, als mein Vater im Krieg in Torgau in Haft war.
Manchmal fragt man sich, warum manche Menschen so sind, wie sie sind, aber alles hat auch einen Grund.
Ich könnte ein Buch über unsere Familie schreiben.
Nun aber zur Puddingform, ich habe sie mit Plastik ausgelegt und hier die Rosen und das Schleierkraut dekoriert ein bisschen Lebensbaum vom Balkon und ein wenig noch weihnachtliche Deko und gut ist.
Ein hübsches Gedicht von Johann Peter Hebbel darf auch die fehlen:
Neujahrslied
Mit der Freude zieht der Schmerz
traulich durch die Zeiten.
Schwere Stürme, milde Weste,
bange Sorgen, frohe Feste
wandeln sich zur Seiten.
Und wo eine Träne fällt,
blüht auch eine Rose.
Schon gemischt, noch eh wir´s bitten,
ist für Thronen und für Hütten
Schmerz und Lust im Lose.
War's nicht so im alten Jahr?
Wird's im neuen enden?
Sonnen wallen auf und nieder,
Wolken gehn und kommen wieder,
und kein Wunsch wird's wenden.
Gebe denn, der über uns
wägt
mit rechter Waage,
jedem Sinn für seine Freuden,
jedem Mut für seine Leiden
in die neuen Tage.
Jedem auf des Lebens Pfad
einen Freund zur SEite,
ein zufriedenes Gmüte
und zu stiller Herzensgüte
Hoffnung in Geleite.
Johann Peter Hebbel
Ausverkauft und frenetischer Beifall.
Ich werde berichten, es war so schön.
Die Leute natürlich sehr festlich in Pailletten gekleidet.
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