#darumfrieden
Fritz Reuber hat in der der Schlacht um Stalingrad diese Madonna gemalt. Mich hat sie damals sehr berührt. Ich glaube viele Berliner und Besucher wissen gar nicht, dass diese Madonna in dieser Kirche steht.
Bild: Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Stalingradmadonna
Viele Menschen sind sich gar nicht bewußt, wie gut es ihnen geht und sie gerade an Weihnachten nur Essen, Trinken und Dekoration im Kopfe haben und im Warmen sitzen. Was ist, wenn es einmal nicht mehr so ist?
https://ruhrnachrichten.atavist.com/weihnachten-in-stalingrad
Dort soll er angeblich die Wahl gefälscht haben. Ich habe mir schon oft überlegt, ob er hier nicht dazu gezwungen wurde.
Als wir diesen Bericht im Internet gelesen haben, waren wir schon erstaunt und auch erschüttert. Wir können meinen Vater nicht mehr fragen und meine Mutter auch nicht. Ich kann es mir auch nicht vorstellen und doch, der Vorwurf ist da und es gibt auch Unterlagen, die das besagen, allerdings niemals von meinem Vater unterschrieben.
Wenn mein Vater ein Nazi gewesen wäre, dann wäre er nicht in Langenburg seines Amtes enthoben worden und mußte per Urkunde eine Verzichtserklärung unterschreiben.
Er konnte mit Mühe dann bei der LVA in Stuttgart als Inspektor wieder tätig werden. Aber auch hier gab er keine Ruhe und betätigte sich im Widerstand.
Ich habe geforscht und geforscht, bin aber auf so viele Widerstände gestoßen, dass ich es aufgegeben habe.
Mein Vater war niemals ein Nazi, denn sonst wäre er niemals wegen Werkraftzersetzung und Feindberührung verhaftet worden und in Berlin-Tegel im Gefängnis gefoltert worden. Von dort wurde er nach Torgau in die Festung Fort-Zinna gebracht und dort zum Tode verurteilt.
Kurz vor der Erschießung marschierte die Rote und die Amerkanische Armee ein und befreite ihn und andere Gefangene.
Ich habe die Unterlagen (man kann diese Spruchkammerakten 30 Jahre nach dem Tod eines Beamten o.ä. einsehen) beim Staatsarchiv in Ludwigsburg eingesehen und kopiert. Es ist eine lange Geschichte und ich möchte auch erwähnen, dass meine Mutter als Bürgermeistersfrau massiv von der NS-Kreisfrauenschaftsführerin Prinzessin Alexandra zu Hohenlohe-Langenburg (ihre Akten und die ihres Bruders Gottfried zu Hohenlohe-Langenburg habe ich auch eingesehen, sie sind auf Anfrage zugänglich und können eingesehen werden) bedrängt wurde, in die NS-Frauenschaft einzutreten. Wie meine Mutter es geschafft hat, hier nicht einzutreten, das weiß ich nicht, sie hat nie darüber geredet.
Heute betreue ich viele "Kriegskinder", die schon lange nur noch in der Vergangenheit leben und die mir immer wieder erzählen, wie es damals war, jedes Schicksal nimmt mich mit. Da gibt es eine Frau, ihr Vater war in Rußland und kam wieder zurück und wurde zum Alkoholiker und zum Schläger.
Er drangsalierte seine Familie und die Kinder. Damals hat man die vielen Männer, die aus der Gefangenschaft zurückkamen niemals psychologisch betreut. Heute weiß man, dass das posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS) sind, die heute behandelt werden.
Mein Schwager war Offizier der Amerikanischen Streitkräfte und in Stuttgart stationiert und kurz nach der Hochzeit mit meiner Schwester mußte er in den Vietnam-Krieg. Er flog mit in Flugzeugen, die Napalm abwarfen. Er ist nie darüber hinweggekommen und wurde zum Alkoholiker. Auch das habe ich erst nach seinem Tod erfahren.
Mein Onkel Erwin mußte mit 17 Jahren in den Krieg ziehen, eine Jugend hat er niemals gehabt, das war 1943 und dort in Russland geriet er in russische Kriegsgefangenschaft und war dort 10 Jahre, auch er wurde zum Schläger und Frau und Kinder haben darunter gelitten.
Hier in Tamm gibt es einen Mann, der schon über 90 Jahre alt ist und Drehorgeln gebaut hat, die er auch zeigt. Ich habe ihn mal gefragt, woher er das kann. Er sagte mir, dass er in russischer Kriegsgefangenschaft war und dort so etwas wie eine Berufsausbildung gemacht hat, denn er war ja auch noch sehr jung, als er zur Wehrmacht mußte und eingezogen wurde. Er meinte, es war schlimm, aber erträglich und wenn man gehorcht hat und gearbeitet hat, dann ging es. Mich hat es gewundert. Bei den Erzählungen dachte ich auch, hat er das alles verarbeitet.
Im nahen Osten herrscht ja auch immer wieder Krieg. Aber man darf nicht immer nur den Einen die Schuld geben, die Anderen sind auch nicht unschuldig. Man hat doch Einigen das Land weggenommen.
So lange Jeder meint, seine Religion und sein Anspruch besteht, wird es wohl immer Krieg geben.
Gerade hier denke ich an die Ringparabel aus Nathan der Weise, die mir eine junge Muslimin neulich vor Augen geführt hat, ich hatte sie schon vergessen, dies im Bezug auf Glaubenskriege.
Mit ist auch nicht wohl mit Nordkorea und was hier noch alles geschieht. Erst Jahre später hat man erst erfahren, was die Kuba-Krise fast ausgelöst hat und das stand auf des "Messers Schneide". Ich bin überzeugt, sowas kann wieder passieren.
Jeder Mensch gerade aus der Generation der "Kriegskinder" und der nach dem Kriegsende Geborenen hat seine eigene Geschichte und manche Frau mußte ihre Söhne und auch den Mann in den Krieg ziehen lassen, von denen nie einer wiedergekommen ist. Der Vater meines kürzlich verstorbenen Seniors ist auch nicht wiedergekommen, was mit ihm geschah, ist unbekannt. "Für das Vaterland in Rußland gefallen", meinte mein Senior immer.
Wie furchtbar muß das gewesen sein, wenn man nicht weiß, wo der Vater und der Mann ist und wie es ihm geht und vor allem, was mit ihm geschehen ist.
Meine Schwester ist nun auch 83 Jahre alt und auch sie beginnt gerade viel zu erzählen, von meinem Vater und von Langenburg, dort ist sie 1935 geboren, als mein Vater Bürgermeister dort war.
Ich könnte noch mehr erzählen und bin froh, dass ich das alles nie erleben mußte, bin froh, in einem freien Land zu leben, meine Meinung sagen zu dürfen und ich bin jeden Tag dankbar und glücklich.
Deshalb sollten wir immer wieder erzählen und warnen auch wenn manche meinen, dass das alles doch schon so lange her ist. Noch gibt es wenige Zeitzeugen, aber auch sie wird es bald nicht mehr geben.
Ich weiss nicht, ob du die Geschichte kennst, wie es Konrad Adenauer gelungen ist, Nikita Chruschtschow dazu bekommen hat, die letzten Kriegsgefangenen freizulassen.
Der Film über die Rückkehr der letzten Kriegsgefangenen aus Rußland in Friedland ist für mich immer wieder sehr bewegend.
Kommentare:
AntwortenLöschenLiebe Eva-Maria, ich wüsste auch gerne, wie meine Großeltern im 3. Reich gelebt haben... Es wurde später kaum etwas erzählt, was ich schade finde, aber natürlich auch verstehen kann...
AntwortenLöschenEs konnte halt nicht Jeder drüber sprechen, manche - das merke ich jezt auch bei meinen Senioren, konnten lange nicht drüber sprechen und haben manches verdrängt.
LöschenViele Frauen wurden auch gerade in Stuttgart von Marokkanern in Stuttgart vergewaltigt, die in der französischen Armee gekämpft haben.
Die Franzosen erreichten Stuttgart über den Westen. Das spielten sich furchtbare Szenen ab.
Viele haben geschwiegen aus Scham und viele bekamen auch Kinder, ich stelle mir das ganz schrecklich vor.
Aber man darf auch nie vergessen, wie sich deutsche Soldaten in Rußland usw. aufgeführt haben.
Ich denke immer daran, dass mir eine Frau mal gesagt hat: "es ist wohl das Recht des Siegers, Frauen zu mißbrauchen!".
Danke für deinen Kommentar, es ist nicht leicht, auf so einen Post einen Kommentar zu schreiben.
Lieben Gruß Eva, die auf viele Dinge aufgrund vieler Erzählungen erst mal verarbeiten muß. Dazu ist der Lehrgang heute da. Wir haben gerade Pause und jetzt geht es weiter.
Liebe Eva,
AntwortenLöschenein sehr persönlicher, berührender und natürlich nachdenklich stimmender Artikel.
Lieben Gruß und viel Freude beim Lehrgang,
herzlichst moni
Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.
AntwortenLöschenLiebe Sigrun,
Löschenja, mein Vater hat uns Kinder viel sehr viel erzählt, deshalb weiß ich auch sehr viel über diese Zeit. Zu der Einzelhaft kam auch noch der psychische Terror.
Mein Vater saß in seiner Zelle und dann hörte er Stiefelschritte und die endeten vor seiner Zellentür. Dann wurde ein Schlüssel in die Tür gesteckt und wieder entfernt.
Die Schritte entfernten sich auch wieder. Mein Vater dachte oft: "jetzt ist es soweit!" und dann doch nicht!!!
Ich glaube, was die Menschen füher aushalten mußten, das war Stress, ich benütze das Wort nicht gerne, aber damals kannte man das Wort ja noch gar nicht.
Danke für deinen Kommentar.
Lieben Gruß Eva
a
Ich finde gut, dass du bei dieser Blogparade mitgemacht hast und von den Erfahrungen deiner Familie erzählst. Die Gefahr, dass alles vergessen wird, ist groß.
AntwortenLöschenUnsere Kinder haben immerhin die Idee der europäischen Verständigung gelebt ( und in meinem Freundeskreis ist das auch keine Seltenheit ), doch es scheint zu viele zu geben, die das alles umkehren wollen, ohne sich klar zu machen, was das mit impliziert: Le nationalisme, c’est la guerre - das hat Mitterrand gesagt. Und da bin ich ganz seiner Meinung.
Ich wünsche dir eine schöne Weihnachtszeit!
Astrid
Liebe Astrid,
Löschenmir ging es auch darum, zu erzählen, was diese Nazis angerichtet haben und wie sie anderen auch zu Dingen gezwungen haben.
Wenn man so die Akten von den "Erlauchten" durchsieht, dann sieht man auch??!!
Nicht umsonst sind sie als "Belastet" hervorgegangen.
Danke auch dir für deinen Kommentar.
Lieben Gruß Eva
Guten Morgen liebe Eva, die Kriegsgefahr wächst, das sehe ich mit großer Besorgnis. Der Mensch ist ein kriegerisches Wesen. Hoffen wir, dass es bei den Befürchtungen bleibt.
AntwortenLöschenDie Erinnerungen der eigenen Familie aufzufrischen beziehungsweise sich darin zu vertiefen ist mit großen Emotionen verbunden.
Ich versuche gerade ähnlich einen Familienstammbaum aufzustellen. Meine Großeltern väterlicherseits, der Großvater war vom Kriegsdienst befreit, der Opa mütterlicherseits war bis zum Ende des Krieges ebenfalls Zivilist und geriet trotzdem in Kriegsgefangenschaft in den Wirren - so wurde erzählt. Es war und ist für mich immer noch ein Wunder, dass sich die Familie später wieder gefunden hat. Meine Eltern waren Kinder zu der Zeit...
Alles Gute für Dich und eine angenehme Blogpause!
Sternfunkelnde Grüßle zu Weihnachten von Heidrun