Künstlerkolonie Mathildenhöhe, Architektur im Aufbruch zur Moderne 3. Teil, der Hochzeitsturm
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Mit der Mathildenhöhe in Darmstadt geht es heute weiter. Aber, es kommt noch ein Teil und zwar die Ausstellung "Raumkunst", die ich schon sehr interessant gefunden habe und noch die letzten Häuser.
Alles in allem findet man die Berichte über die Mathildenhöhe
HIER
Der Hochzeitsturm ist das Wahrzeichen von Darmstadt.
Er wurde anlässlich der Hochzeit des Großherzogs Ernst Ludwig entworfen, fertiggestellt zur hessischen Landesausstellung für freie und angewandte Kunst 1908.
Architekt war Josef Maria Olbrich, was das Dach bedeuten soll, das hat Olbrich nicht festgelegt, da kann sich Jeder seine Gedanken machen.
Der Hochzeitsturm wurde von der Stadt Darmstadt zur Vermählung des Großherzogs Ernst Ludwig mit Eleonore zu Solms-Hohensolms-Lich 1905 gewidmet.
Der Großherzog war in erster Ehe mit Victoria Melita von Sachsen-Coburg und Gotha verheiratet, eine Ehe die arrangiert wurde und Königin Viktoria von England war von dieser Eheschließung sehr angetan. Auf dieser Hochzeit, die 1894 stattgefunden hat, lernten der russische Zar und die Schwester von Ernst Ludwig, Alix sich kennen.
Die Ehe wurde dann am 21. Dezember 1901 aufgrund verschiedener Schwierigkeiten geschieden.
Der Turm wurde im 2. Weltkrieg teilweise zerstört und in den 1950er Jahren begannen substandzerhaltende Maßnahmen, die dann 1980 - 86 nochmal einer grundlegenden Renovierung unterzogen wurden,.
Renoviert wurden die Trauräume und das Treppenhaus mit dem Einbau eines zur Aussichtsplattform führenden Aufzugs.
1989-92 fand die Renovierung der Fürstenzimmer statt und 1993 - 94 wurden die Wandmosaiken, die Stuckfriese und Marmorverkleidungen in der Eingangshalle renoviert.
Seit 1993 können sich Paare im Hochzeitsturm trauen lassen. 2011 wurde die Stahlkonstruktion der Turmspitze stabilisiert, die Balkone und glasierten Klinker restauriert.
Bereits um 1900 befasste sich Olbrich mit Entwürfen für einen Aussichtsturm auf diesem Hochplateau. Die ersten Versuche zeigten jedoch formal mit dem späteren Bau ein wenig Ähnlichkeit. Entscheidend war der Gedanke, die Künstlerkolonie und auch das gesamte Stadtbild durch ein weithin sichtbares Monument zu bekrönen. In zeitgenössischen Kommentaren werden daher Begriffe, wie Akropolis oder Stadtkrone zur Beschreibung verwendet. Nicht zuletzt wurde immer wieder die "entzückende Fernsicht" vom Turm hervorgehoben.
Der 48,5 Meter hohe Turm gliedert sich bautechnisch in drei Abschnitte, den grau verputzten Sockel mit fein gestuftem Eingangsportal, den geschlossenen, mit dunkelroten Klinkern gemauerten Turmkörper und die in Kupferblech ausgeführte fünfzinnige Krone.
Formvorbilder fand Olbrich an den Staffelgiebeln gotischer Backsteinbauten Norddeutschlands. Gestaltung und Materialbehandlung des Darmstädter Hochzeitsturmes weisen jedoch in die Moderne. Mit der belebten, fein gegliederten Wandstruktur, in der das Material selbst zum Schmuckelement wird, dle asymmetrisch über Eck geführten Fensterbänder nimmt Olbrich Gestaltungselemente des Expressionismus voraus.
Der Hochzeitsturm ist durch einen Anbau mit der Ausstellungshalle verbunden.
Ich meine, ohne diese Führung hätte ich viele Dinge so nicht gesehen.
Das Relief über dem Portal schuf Bildhauser Heinrich Jobst (1874-1943).
Neben der Personifikation der vier Herrschertugenden Stärke, Weisheit, Gerechtigkeit, sowie die Widmungsinschrift
L.L.K.K.H.H., des Großherzogs Ernst Ludwig und der Großherzogin Eleonore errichtet von der Stadt Darmstadt ü, ANNO 1907-1908.
Friedrich Wilhelm Kleukens (1878.-1956) seit 1906 Mitglied der Damstädter Künstlerkolonie, entwarf 1914 die rechteckige Sonnenuhr an der südlichen Schmalseite. Verziert ist das in Teilen vergoldete Mosaikfenster mit den zwölf Tierkreiszeichen und kosmischen Motiven. Verse des Dichters Rudolf Binding weisen auf den Vergänglichkeit des Lebens hin.
DIe Verse lauten:
Der Tag geht über mein Gesicht.
Die Nacht, sie tastet leis vorbei.
Und Tag und Nacht ein gleich Gewicht
und Nacht und Tag ein Einerlei.
Es schreibt die dunkle Schrift der Tag
und dunkler noch schreibt sie die Nacht.
Und keiner lebt, der deuten mag,
was beider Schatten ihm gebracht.
Und ewig kreist die Schattenschrift.
Leblang stehst du im dunklen Spiel.
Bis einmal dich die Deutung trifft:
Die Zeit ist um. Du bist am Ziel.
Was ich vergessen habe, zu fotografieren und ich werde es im November nachholen, ist die von Albin Müller gestaltete Turmuhr von 1914 mit den christlichen Symbolen
Glaube, Liebe, Hoffnung.
Das Innere des Turms ist in sieben Ebenen unterschiedlicher Höhe und Nutzung gegliedert.
Eingangshalle:
Zwei große Mosaikbilder des Buchkünstlers Friedrich Wilhelm Kleukens von 1914 schmücken die gewölbte Turmhalle, ihre Motive Kuss oder Treue und eine idealisierte Fortuna auf der gegenüberliegenden Seite beziehen sich auf das fürstliche Hochzeitspaar. Die stilisierten geflügelten Wesen verbinden sich im Kuss zu einem Idealbild in Blau und Gold.
Gegenüber erscheint in ähnlicher Farbigkeit die Glücksgöttin mit Füllhörnern voller roter Rosen, die von weißen Tauben in die Welt getragen werden.
Unser Kunstexperte war total begeistert.
Die Ebenen 2 und 3, die ehemals Ausstellungsräume waren, werden heute als wissenschaftliche Bibliotheksräume benutzt.
Die Ebene 4
Das Zimmer des Großherzogs früher auch als erster Aussichtsraum bezeichnet, wird von dem 6,70 Meter hohen, leuchtend blauen Tonnengewölbe beherrscht, das Ornamentbänder mit stilisierten Eidechsen überziehen. Der Maler Fritz Hegenbart entwarf 1908 für die Sirnseiten zwei jugendliche Figuren, die auf Fabelwesen reitend zum Sprung über ein Schneckenhaus ansetzen, dabei ihre Füllhörner ausschütten und den Sieg der vorwärts eilenden, neuen Zeit über die alte Zeit symbolisieren.
Nur eine der beiden Darstellungen konnte restauriert werden. Wandvertäferungen mit reichen Intarisen ergänzen ab Fensterhöhe die Ausstattung, die vom Kölner Rechtsanwalt Robert Esser gestiftet wurde.
Das Zimmer der Großherzogin, auch Hochzeitszimmer genannt, ist mit einer vergoldeten kassettierten Stuckdecke und einer umlaufenden halbhohen Wandvertäfelung aus Rüsterholz der Firma Glückert ausgestattet. Darüber entwarf der Maler Philipp Otto Schäfer einen figurenreichen Hochzeitsfries ganz im Stil der italienischen Renaissance. Gestiftet wurde dieses Repräsentationszimmer vom Darmstädter Kammerhernn Freiherr August von Oetinger.
Hier konnte man nur durch eine Glasscheibe Einsicht nehmen.
Ebene 6 und 7
Über einer niedrigen Zwischenetage mit Turmuhrstube und Versorgungsräumen gelangt man in die Oberste Aussichtshalle mit kleinen Balkonen und einer Fernsicht in alle Himmelsrichtungen. Leider durften wir an diesem Tage nicht auf die Balkone.
Der Raum hier oben ist auch nicht besonders schön.
Wir sind hochgelaufen, deshalb konnten wir auch alle Zimmer ansehen und sind dann runter mit dem Aufzug gefahren.
Die Aussicht ist bei schönem Wetter sicherlich schön. Wir hatten leider nicht das Glück, dennoch hat uns die Führung und das was wir so erfahren haben, sehr gut gefallen. Wir hatten gottseidank auch einen Kunstexperten dabei, der uns auch schon im Bus viel über die Mathildenhöhe erzählt hat.
Nun die Aussicht, ja Darmstadt ist im Krieg auch dem Erdboden gleichgemacht worden.
Ganz hinten sieht man auch die Waldspirale von Hundertwasser, da möchte ich auch nochmals hin.
Die Bilder mußte ich leider durch die Fensterscheiben fotografieren.
Mit dem Bau dieses Turms an exponierter Stelle vereinte Olbrich mehrere historisch bedeutsame Funktionen. Vordergründig sollte ein vom Volk für die Hochzeit des Monarchen gewidmetes Denkmal errichtet werden. Gleichzeitig schuf Olbrich einen Aussichtsturm und eine durch seine eigenwillige Gestaltung unverkennbare Bekrönung der Mathildenhöhe und der gesamten Stadt. Der Hochzeitsturm verweist mit seiner Klinkerfassade der monumentalen Gestalt und eigenwilligen Form schon auf die Ideen des Bauens der Moderne.
Nach Olbrichs eigenem Bekunden sollte der Turm "stumme, doch ewige Kunde geben von der Begeisterung einer Bürgerschaft zu einer Zeit frühester glücklichster Lebensfeier."
Es folgt aber noch ein 4. Teil.
Ich freue mich schon auf ein Wiedersehen mit der Mathildenhöhe im November, hoffentlich an einem schöneren Tag.
Quelle:
Bärbel Herbig
Doris Schröder
Denkmalschutz, Kulturamt