Foto: Spitz-Ahorn, Acer platonoides

Angst ist immer ein Zeichen von Unwissenheit. Je mehr wir wissen, desto weniger Angst haben wir. *Marie Curie*
"Wer weiß, wie Gesetze und Würste zu Stande kommen, kann nachts nicht mehr ruhig schlafen." *Otto von Bismarck*

Man selbst ist immer die Ausnahme. Das macht uns alle ausnahmslos. *Esther Klepgen*

ANGST ist wie eine Falle, die uns gefangen hält. *John Leonnon*

Der Friedrich-Ebert-Bau in der Weißenhofsiedlung und Romeo und Julia 2. Teil

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 Vor einiger Zeit habe ich ein Hochhaus in Stuttgart vorgestellt, aber klar, wer sich dort nicht auskennt, tut sich sehr schwer damit. 

Es handelt sich um den Friedrich-Ebert-Bau, der in der Weißenhofsiedlung steht, aber nicht dazu gehört, obwohl er zu gleichen Zeit gebaut wurde, nämlich in der Zeit zwischen 1924 und 1927. Es ist das erste Wohnhochhaus in Stuttgart und wer auf dem Killesbergturm steht, kann es von dort oben sehr gut sehen.

 


 

Über den Killesbergturm schreibe ich mal zu gegebener Zeit etwas anderes, dann zeige ich dir den ersten Turm, von dem ich inzwischen Bilder in meiner Bücherwand gefunden habe. Unter anderem auch ein Buch aus dem Jahr 1934, interessant ist das schon, zumindest für mich. Ich bin aber überzeugt, dass viele "alte" Stuttgarter das genauso sehen. 




 

Die Situation war zu Beginn des 20. Jahrhundert sehr dramatisch, das ist ja heute auch noch so. Arbeitssuchende Zuwanderer verschärften die Situation zudem noch. 1918 standen 2.000 Wohnungssuchende auf der Warteliste des städt. Wohnungsamtes 1922 waren es schon 10.000. Ziel des Siedlungsbaus in Stuttgart war das gleiche, wie z.B. das "Eiernest" im Stuttgarter Süden, da komme ich auch noch drauf zurück, die Wohnungssituation besonders für die Arbeiterschaft in Stuttgart zu verbessern. Im "Lauterwasser" einem Restaurant in Stuttgart in der Rotebühlstraße gründeten zwei Frauen und 30 Männer, alles Sozialdemokraten und gewerkschaftlich organisiert, die Genossenschaft Bau- und Heimstättenverein. 

Der Architekt Karl Beer konnte für dieses Projekt gewonnen werden, er entwarf auch das "Gaucher-Areal" unterhalb des Weißenhofs. Unter der Regie Beers entstanden bis runter zur Heilbronner Straße in den folgenden Jahren für den Bau- und Heimstättenverein Reihen-, Doppel- und Mietwohnungshäuser. 




1933 mußte der Architekt und Sozialdemokrat in die Schweiz emigrieren und der Verein wurde von den Nazis umbenannt und gleichgeschaltet. Bei Bombenangriffen im Zweiten Weltkrieg wurden knapp 50 Prozent der Häuser zerstört, davon gibt es heute noch 300 Gebäude, 87 davon am Weißenhof. Nach dem 2. Weltkrieg nahm der Verein seinen Namen wieder an und weit in Stuttgart und neue Stadteile entstanden. 

Der Architekt Karl Beer orientierte sich auch an den Architekten der Weißenhofsiedlung und man sieht hier runde Fenster gleich den Bullaugen von dem Architekten Schaoun und den Eckfenstern von Behrens, die habe ich ja schon im vorherigen Post gezeigt. Der Friedrich-Ebert-Bau steht heute unter Denkmalschutz. Ich habe einen Kollegen bei der Unteren Denkmalbehörde und habe gefragt, warum nun denn der obere Teil so modern gehalten ist. Das ist nun mal Bestandschutz und wohl schon immer so gewesen. Da kann selbst der Denkmalschutz nicht dran rütteln. Aber die sonstige Fassade muß so bleiben.

Der Friedrich-Ebert-Bau behinhaltete auch ein Restaurant und zwar das "Schönblick". Hier waren früher immer die Abschlußbälle der Stuttgarter Tanzschulen und man konnte dort speisen und zum Tanztee gehen. Heute sind hier exklusive Eigentumswohnungen entstanden. Es sind sehr teuere Luxuswohnungen, die nicht zum Stil der Gegen passen. 

Wenn man die Balkone anschaut, kann man auch zur Bauhausarchitektur vergleiche ziehen. Das habe ich gemerkt, als ich mir die Bilder vom Bauhaus in Dessau angesehen habe, in dem ich 2011 ein Besichtigung gemacht habe.  




Karl Beer verwendete in seinen Bauten gerne Natursteine und so sind auch
3 Einfamilienhäuser, die an der Friedrich-Ebert-Straße in Richtung Innenstadt stehen von Karl Beer. 


Weiter gehts nach Stuttgart-Rot zu Romeo und Julia, nein, nicht zu dem Schauspiel von William Shakespeare und auch nicht zu dem Ballet von Prokoview. Nein, zu den Wohnhochhäusern der Architekten Hans Scharoun und Wilhelm Frank. 


 

Hans Scharoun und Wilhelm Frank wurden Mitte der Fünfziger Jahre von der Stadt Stuttgart mit dem Auftrag betraut, zwei Hochhäuser zu bauen. Es mußte - auch durch die vielen Flüchtlinge, die in Stuttgart eine Heimat gefunden haben, dringend neuer Wohnraum geschaffen werden. 20.000 Wohnungen sollten n der Zuffenhauser Siedlung Rot entstehen. Diese Siedlung bestand zu dieser Zeit nur aus sehr merkwürdigen Schachtelhäusern und hier sollte eine markante Bebauung entstehen. Romeo und Julia warem Teil des Vorhabens, knapp 200 Wohnungen enstanden und so bekam diese Siedlung auch Idendität.  

Am 12. September 1959 wurden diese Hochhäuser eingeweiht und konnten so am 12.September 2019 60jähriges Jubiläum feiern. 

Wer nach dieser Zeit hier mal Halt macht, kann konstatieren, dass das Vorhaben schon gelungen ist. Als ich dort war, herrschte um die Hochhäuser geschäftiges Treiben. Es gibt Bäcker, Supermärkte, Imbiss-Buden und auch Shisha-Bars. Es gibt die Romeo-Apotheke, Es gibt Banken, öffentliche Plätze und die Straßenbahnhaltestelle in nächster Nähe. Ein schönes Stadtleben trotz Corona. 

In solchen Hochhäusern zu leben, war für Stuttgart ganz neu. Es gab Vorurteile dagegen. Ich weiss noch heute, wie damals mein Vater gewettert hat und ich habe noch einen Zeitungsausschnitt aus dieser Zeit, den mein Vater in einem Buch hatte. 

Es wirkten auch noch Vorurteile der Nazis nach, die vor der Anonymität der Hochhäuser gewarnt hatten und das Einfamilienhaus mit Garten als ideales Lebensmodell propagiert hatten. So die Kunsthistorikerin Sophie Kowall.

Da war ich doch erstaunt, als ich das gehört habe. 

Hans Scharoun löste auch als Erster den von ihm als monoton empfundenen rechten Winkel in der Wohnungsarchitektur auf. Es war ein Ansatz, den er auch in seinen berühmtesten Bauten verfolgte, so beim Bau der Berliner Philharmonie. 

Ein kräftiges Rot hatte Scharoun für die Fassade vorgesehen, wurde aber vom Bauherrn nicht gestattet. Rot sei sozialistisch und man einigte sich auf Orange. 

Die Bauten sind richtungsweisen gewesen, weil sie Cafes und Geschäfte im Haus integriert haben, so Sophie Kowall, so etwas hat es vorher nicht gegeben. 

Viele Heimatvertriebene fanden in Stuttgart-Rot eine neue Heimat und eine neue Identität und haben der Siedlung eine fest Ortsbedeutung gegeben. 

Während der "Romeo" schon etwas heruntergekommen aussieht, es sind Mietwohnungen, steht Julia in einem wunderbaren Zustand in der Siedlung. Umgeben von vielen wunderschönen Bäumen und einem Park.

Ich habe mit einem Eigentümer gesprochen, der mir auf seinem Handy seine Wohnung gezeigt hat. Er wohnt im obersten Stock und hat eine wunderbare Aussicht auf Stuttgart und die Umgegend und dass seine Wohnung keinen rechten Winkel hat stört ihn nicht im geringsten. Es ist etwas besonderes. Auch hier siehst du wieder die segelartigen Balkone und die Bullaugenfenster,  hinter denen das Treppenhaus ist.



 

Wenn ich das Geld hätte und wenn nur eine Wohnung dort frei wäre, ich würde sofort dahin ziehen. Es wäre für mich etwas Besonderes in einem Haus von Scharoun zu wohnen.

Romeo hat 104 Wohnungen und Julia 82, wobei das Wohnhaus Julia alles Eigentumswohnungen sieht. Man sieht es leider auch die Julia ist weitaus gepflegter. 


 

Vielleicht kennst du das Ballett von Prokofjew

"Romeo und Julia"
Der Tanz der Ritter war jahrelang ein Hit für die Werbung eines bestimmten Parfüms von Chanel für Herren.



Den 1. Teil zur Weißenhofsiedlung kannst du hier sehen. 

https://schwabenfrau.blogspot.com/2020/10/die-weienhofsiedlung-in-stuttgart-der-1.html


Kommentare

  1. Vielen lieben Dank auch für diese interessanten Ein- und Anblicke. Romeo und Julia kenne ich vom Vorbeifahren mit dem Fahrrad/Auto, ist aber lange her, dass ich dort gewesen bin. Den Friedrich-Ebert-Bau habe ich bewusst noch nie wahrgenommen, was wirklich schade ist und was nachgeholt wird. Ich weiß schon, wohin mich meine nächste Stuttgart-Radtour führen wird. Wahrscheinlich werde ich mich mit dem Fotoapparat alleine auf den Weg machen, mit meinem Mann "im Schlepptau" habe ich doch keine Ruhe, um alles im Detail anschauen zu können und er mag Bauhaus leider nicht so sehr wie ich.
    Viele Grüße
    Anni

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